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1 x Selbst: Verwandtschaftserklärung an FM4

Eine Liebeserklärung, auch wenn sie eher eine Verwandtschaftserklärung ist, in dem Medium zu veröffentlichen, das man in hoher Minne besingt, geht natürlich nicht. Aber weil es mir am Herzen und in den Genen liegt:

FM4, willst Du mit mir verwandt sein?
Mit mir und FM4 ist das nämlich so: Im Jahr 1995 war ich auf der Suche nach mir selbst, voller pubertärer Landjugendangst, das Herz voller Liebe (ständig neue, selbstverständlich), der Alltag voller Freunde und Aktivitäten und ich fuhr noch immer mein Fahrrad. Ich hörte SWF 3, schaute Serien auf ORF und Quizshows auf SF, las Jugendbücher aus dem Schrank meiner Eltern und spielte Rollenspiele. Und dank meines Computers war ich zwar ganz vorne dabei (486-DX2 66, aber an der Speerspitze ist es ja bekanntlich auch ein wenig einsam). Ich fühlte mich jedenfalls gut aufgehoben und gleichzeitig seltsam verloren. Ich war im Grunde ein vorbildlich pubertierender Provinzjugendlicher.

Und dann kam FM4. Zunächst in Form einer Erzählung: Martin, Fan von Blue Danube Radio (BDR), erzählte eines Schulvormittags von einem neuen Moderator, der sich in einer Livesendung die Nase hochgezogen hatte. Dass es sich dabei um mehr als einen neuen Moderator, nämlich um einen neuen Radiosender (wenn man das so sagen konnte), handelte, fand ich dann selbst heraus, abends immer ab 19 Uhr bis Sendeschluss. Ich nahm sofort den Sumpf und die Graue Lagune auf Kassette auf, schnitt Salon Helga und Radio Blume mit, falls ich sie verpasste und hatte so auch zu BDR-Zeiten ständig FM4 im Ohr. Denn nebst meinem Fahrrad war mein Walkman mein treuster Begleiter in diesen verschwommenen Jugendtagen.

Und so füllte FM4 mein Leben und alle kulturellen Schlaglöcher und Leerstellen, die mir im Rahmen meines Provinzlebens nie auffielen aber trotzdem gefüllt werden mussten. Ich hatte von Geburt an ein FM4-förmiges Loch in meinem Herzen.

Soweit so gut. Solche Lebensläufe gibt es zuhauf. Aber irgendwie hat dieses Verschmelzen nie aufgehört und heute kann ich sagen, und zwar wirklich mit einer Sicherheit und nicht nur als Versuch einer verzweifelten Tiefgründigkeit: Ohne FM4 wäre ich nicht der, der ich bin.

Ich & FM4: Etwas systematischer
Ich versuche nun schon eine Weile, meine Beziehung zu FM4 als ein Verwandtschaftsverhältnis zu erklären. Also eine Beziehung, die nicht auf Freiwilligkeit oder persönliche Nähe, sondern auf einer gemeinsamen Vergangenheit gründet - also vorbestimmt und damit unausweichlich war.

Nun ist schlecht von Unausweichbarkeiten zu reden: Es hätte natürlich alles anders kommen können! Und über eine Beziehungen zu reden, setzt voraus, dass man es mit einer Identität zu tun hat oder zumindest einen identifikationsfähigen Kern in dem anderen ausmacht; Projektion funktioniert, man liebt ja immer das Bild, das man sich von einem anderen macht. Aber diese beiden Identitäten müssten sich dann auch noch gemeinsam entwickeln können um füreinander identifizierbar zu bleiben. Bei einer Institution aus vielen Menschen und Systemen und wechselnden Merkmalen bedeutet das aber eine sehr einseitige Beziehung. Eine Fan-Beziehung, vielleicht.

Aber FM4 wirkte ja in den letzten Jahren auch zurück auf mich ein, und zwar durchaus gezielt. Immerhin arbeite ich ja für den Laden und habe ein paar tolle Freunde gemacht. Aber noch mehr: Viele Kernmerkmale meines heutigen Lebens lassen sich direkt auf FM4 zurückführen. Es gibt öfters als nicht einen Faden der bei FM4 beginnt und bei meine Freunden, Bands, meiner Arbeit, meinem Wohnort (und der Wohnort davor, aber Halle/Saale ausgeschlossen), meinen Interessen und angeblichen Eigenheiten endet. Das ist teilweise ganz beängstigend: Ich kann einen beliebigen wichtigen Punkt in meinem aktuellen Leben wählen und die Ereigniskette, die zu ihm führte, zurückverfolgen und lande oft genug bei FM4.

Zweifellos gibt es also eine reziproke Verbindung zwischen mir und FM4. Es ist aber nicht Liebe - weil es das nicht sein kann (wir erschaffen ja keine neue Identität: Felix/FM4). Und es ist nicht Freundschaft - weil das nicht geht. Es wird also schnell schwierig, von einer Beziehung zwischen FM4 und mir zu sprechen, von einer Liebe - und damit unmöglich, einen längst überfälligen Liebesbrief an FM4 zu schreiben. Es muss also, um zum Punkt zu kommen, eine Art Verwandtschaft sein. Aber wie schreibt man einen Verwandtschaftsbrief? Man schreibt ihn an seine Adoptiveltern beziehungsweise Halbgeschwister.

Identitäre Kraft, so schlimm das ist
Verwandtschaft definiert sich biologistisch über gemeinsame Ahnen und sozial-biologistisch über zukünftige Erben, die durch den formellen Akt der Heirat helfen, den bislang genfremden Partner ins Dasein der Verwandtschaftsbeziehung zu heben, ihn also als Verwandten trotz Genfremdheit zu legitimieren. Deshalb sind im Sprachgebrauch "Hineingeheiratete" trotzdem Verwandte. (Wenn sich diese Erklärung widerlich anhört, dann nur, weil das Beschriebene es ist.)

Was für eine Verwandtschaftsbeziehung ist das also zwischen mir und FM4? Ich versuche es phänomenologisch: Das gemeinsame Erbgut ist ein kultureller Gehalt, der über das hinausreicht, was FM4 und ich sind. FM4 selbst ist ja ein Produkt einer gemeinschaftlich hergestellten Wirklichkeit, also eines vor FM4 existierenden Sachverhalts. FM4 als dieses Produkt ist wiederum ein Kristallisationspunkt, das gemeinsame Merkmal (das unterscheidet mich und meine FM4-Halbgeschwister von allen anderen, die theoretisch auch mit FM4 verwandt sein könnten). Das schöne an der Beziehung ist, dass sie recht offen ist: Jeder gehört zu dieser Familie, der sich dazu zählt.

Und als ob es in den Gründungstagen von FM4 auch so ein Geschwurbel gegeben hätte, heißt es ja auch von Anfang an: You're at home, Baby. Hier ist eine Familie.

Als ich so 1995 anfing, FM4 zu hören und also dazu zu gehören, hatte dieser Radiosender aus dem mir fremden Wien eine Leuchtturmfunktion. Ich fühlte mich nicht länger mit großen Teilen meiner Identität allein am tristen Bodensee, sondern wusste, dass dort draußen jemand auf mich wartet. Ich hatte eine zweite Heimat, von der ich nichts wusste, die ich aber, als ich ihr zum ersten Mal gewahr wurde, sofort erkannte. So wurde FM4 also meine Familie.

You're at home, Baby. Und ich bin es auch.

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1 x FM4: Eine Wirklichkeit, die keiner je erblicken muss

Eine Wirklichkeit, die keiner je erblicken muss
Tag drei der transmediale. Ich bin ganz baff, wie selbstbewusst hier die Welt erklärt wird. Und bevor ich mich in den nächsten Tagen der Aufarbeitung widme, hier ein paar Aufwärmgedanken.
[FM4]

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1 x FM4: Lesetipp zum GamerGate

Es sind nicht die Gamer
Kleine Leseempfehlung für den Samstag: Nicht die Gamer seien over, wie das die Spielepresse gerade gerne sagt, sondern die Spielepresse. Interessanter Text! /und Rainer Sigl schreibt dazu dies.
[Radio FM4]

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1 X FM4: Sterne raten und Asteroiden zählen

Sterne raten und Asteroiden zählen
Wenn mir Bildschirmspiele zu dumm werden, suche ich im Namen der Wissenschaft Asteroiden, klassifiziere Galaxien oder analysiere Helligkeitsschwankungen von Sternen. Aber ist das wirklich besser?
[FM4]

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1 x FM4: Wenn kein Spiel mehr ist

A Dark Room: Wenn kein Spiel mehr ist
Eine verspätete Spiele-Empfehlung: "A Dark Room" ist ein kleines Meisterwerk, das man sich eine Mittagspause lang anschauen sollte.
[FM4]

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1 x FM4: Apples Ende, Apples Anfang

Apples Ende, Apples Anfang
Apple hat auf der gestrigen WWDC-Präsentation mal wieder gezeigt, dass sie an die Revolution glauben. Um was es wirklich ging, war nämlich das Ende der Computerzeit.
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1 x FM4 & De:Bug: Die De:Bug nimmt Abschied

Wir stellen voraussichtlich die Heftproduktion ein, wie es mit der De:Bug weitergeht, ist sehr ungewiss.

Die De:Bug nimmt Abschied
Die De:bug, das Berliner Magazin für elektronische Lebensaspekte, hat nach 16 Jahren das Heft-Aus bekannt gegeben. So fühlt sich das aus der Innenperspektive an.
[FM4]

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1 x FM4: Mein Free-to-Play-Unwohlsein

Mal wieder ein Blogbeitrag in meinen Webhost-Bereich bei Radio FM4, meiner Spielplatz für Verwirrungen zwischen Langeweile und Nerdkram.

Soll ich zahlen, wenn ich nicht zahlen muss?
Free to play ist eine Falle. Ich suche noch nach einem Umgang mit Angeboten, die ich nicht ausschlagen kann.
[FM4]

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2 x SPON & 1 x FM4: Radikale Virenkur, Google-Glass-Quellcode & The Knife in Bremen

Beamte verschrotten Rechner wegen Virenverdacht
Radikal und teuer: Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern kritisiert eine Computervirenkur in einem landeseigenen Institut. 170 Arbeitsrechner waren dort angeblich mit Schadcode infiziert - die IT-Abteilung kaufte neue Rechner und ließ die alten wegwerfen.
[Spiegel Online]

Google gibt Entwicklern Zugang zu Google Glass
Google hat Teile des Quellcodes seiner Computerbrille Glass ins Netz gestellt. Programmierer sollen damit das Potential des Gadgets erforschen. Ein Hack, wie er am Wochenende gemeldet wurde, sei nicht nötig, immerhin hätten Interessierte ja 1500 Dollar für die Vorabversion des Geräts gezahlt.
[Spiegel Online]

How I found The Knife - Wahnsinnig gut
Mit Shaking The Habitual ist The Knife etwas gelungen, das erst in der Performance klar wird: Eine magische Transformation auf dem Dancefloor. Ich kam als neuer Mensch vom Konzert.
[FM4]

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1 x FM4: Ein Junge und sein Riesenwürfel

Curiosity - Was find ich nur an dem Spiel
Ist Peter Molyneuxs neustes Spiel ein soziales Experiment, ein Riesenblöff oder hat "Curiosity" doch das Zeug für eine kleine Revolution? Ich tippte mir für eine Antwort die Finger würfelwund.
[Radio FM4]

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